Anlässlich des 30-jährigen Werk-Jubiläums von Jacques Tilly und 20 Jahre nach der öffentlichen Aufregung um den „Nackten Kanzler Kohl“ beleuchtet die 90-minütige Dokumentation von Steve Antonin („Kalkhofes Mattscheibe“) und der Kunsthistorikerin Dr. Daniela Antonin, Tillys kreatives Schaffen in Zusammenarbeit mit dem Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Zudem kommentieren Vertreter von Stadt, Gesellschaft und Szene den Zeitgeist der Stadt und das auf besondere Weise gehütete Phänomen der „Großen Narrenfreiheit“ – heute Düsseldorfs wertvollstes Kulturgut.
Das Filmprojekt wird ausschließlich aus Spenden finanziert.
Der Rheinische Karneval sucht stets die herrschenden Zustände mit närrischem Gebaren zu verhöhnen. Die berühmt-berüchtigten, politisch bissigen Mottowagen in Düsseldorf sind folglich eng mit der typischen regionalen Tradition der Narretei verbunden. Die treffsicheren Bildkommentare des verantwortlichen Wagenbauers Jacques Tilly genießen als kurze und präzise Satiren in Form bunter Großplastiken nationale wie internationale Anerkennung.
Seit 1984 arbeitet Jacques Tilly in der Wagenbauhalle an dem Düsseldorfer Rosenmontagszug. Auch die Künstler Günther Uecker und Gerhard Richter verdienten hier ihr erstes Geld. Tilly konnte daher nicht ahnen, dass ihn das Thema auch als diplomierter Kommunikationsdesigner fesseln sollte: die dreidimensionale Umsetzung seiner witzigen wie politisch bissigen Zeichnungen reizte ihn sehr. Seit 1999 übernimmt der Düsseldorfer ganzjährig und freischaffend die Realisation von Großplastiken für Karneval, großartige Festivitäten, Messen und Filmproduktionen.
Die Fotos fröhlicher Jecken auf dem Düsseldorfer Rosenmontagszug interessieren im In- und Ausland im höchsten Maße. Denn die frechen wie heiteren Spiegelungen aktueller Ereignisse in den Figurenszenen des Wagenbauers Jacques Tilly vermitteln ein weltoffenes und selbstkritisches Bild von Deutschland. Die Kanzlerin entblößt in einer Badewanne, der Verteidigungsminister als Bruchpilot im Reichstag? Wie haben es die Verantwortlichen in Düsseldorf geschafft, sich die politische Narretei am Rosenmontag zu bewahren, während auf dem ungleich größeren Rosenmontagszug in Köln die Tradition politisch-närrischer Satire nahezu verschwindet? In Sachen Volkssouveränität und Satire kann die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt mit Heinrich Heine, Karl Immermann, Christian Dietrich Grabbe, Hermann Harry Schmitz, Leo Statz sowie dem großartigen „Kommödchen“ ohnehin auf eine beachtenswerte Tradition verweisen. Allein der Name der berühmten „Königsallee“ geht auf ein politisches Ereignis, dem sogenannten Pferdeäpfelattentat, zurück, bei dem die Pressefreiheit des Rheinlands gegen das preußische Meinungsdiktat hochgehalten werden sollte.